Asymmetrische Information | Marktversagen


Im Modell einer vollständigen Konkurrenz wird - unter Anderem - vollständige Markttransparenz unterstellt: Die Marktakteure (Angebotsseite, Nachfrageseite, Partner einer einzelnen Transaktion wie beim Abschluss eines Kaufvertrages etc.) besitzen bezüglich aller transaktionsrelevanten Umstände die gleichen Informationen, die sie zudem unverzüglich und ohne zusätzliche Kosten beschafft haben. Diese Annahme ist in der Realität für die allermeisten ökonomischen Entscheidungen nicht haltbar. In VWL-Fibel Marktversagen werden mögliche Allokationsprobleme besprochen werden, die dadurch entstehen, dass beide Marktseiten bzw. beide Vertragspartner unterschiedlich gut informiert sind.

Asymmetrische Verteilung der Information zwischen den Markt- bzw. Transaktionsbeteiligten führt dann zu Wohlfahrtsverlusten, mithin zu Marktversagen, wenn der besser Informierte einen Anreiz hat, seinen Informationsvorsprung zu seinen Gunsten und zum Nachteil des schlechter Informierten auszunutzen. Asymmetrische Information führt zu Marktversagen, weil dadurch
 

  • entweder ein Gleichgewicht entsteht, bei dem sich - nämlich bei vollständiger Information - mindestens ein Akteur besser stellen könnte, ohne dass sich alle anderen schlechter stellen müssten,
        
  • oder bestimmte Transaktionen unterbleiben, die bei vollständiger Information stattfinden und somit die Wohlfahrt steigern würden.


Das Phänomen Asymmetrische Information lässt sich unterschiedlich klassifiziert analysieren. Differenziert werden kann dabei:


nach den Handelnden (vor allem bei Auftragsbeziehungen):
 

  • Der Agent (Auftragnehmer) ist der besser informierte Akteur und hat deshalb die Möglichkeit, Voraussetzungen, Art, Umfang, Ausgestaltung und / oder Ergebnisse seiner Handlungen zu verbergen.
     
  • Der Prinzipal (Auftraggeber) ist der schlechter Informierte und kann dem Agenten allenfalls positive Anreize bieten, im Sinne des Prinzipals zu handeln.


nach dem Grad des Handlungsspielraumes des besser informierten Akteurs:
 

  • Der besser Informierte verbirgt exogene, also von ihm unbeeinflussbare Umstände.
        
  • Der besser Informierte verbirgt endogene, also von ihm beeinflussbare Umstände.


nach dem Zeitraum der Informationsnutzung:
 

  • Der besser Informierte verbirgt Handlungsumstände vor der Transaktion bzw. vor Vertragschluss.
        
  • Der besser Informierte verbirgt Handlungsumstände nach Vertragschluss.


nach der Definition "Asymmetrische Information":
 

  • Unvollständige Information führt zu adverser Selektion.
     
  • Unvollkommene Information führt zu moralischem Risiko.


nach den Umständen der Informationsasymmetrie:
 

  • hidden property oder hidden characteristics: Es handelt sich um verborgene (unbe- obachtbare) unveränderliche Eigenschaften des besser Informierten.
        
  • hidden action: Es handelt sich um verborgene (unbeobachtbare) Handlungen des besser Informierten.
        
  • hidden information: Es handelt sich um verborgene (unbeobachtbare) unveränderliche Umstände außerhalb der Person des besser Informierten.
        
  • hidden intension: Es handelt sich um verborgene (unbeobachtbare) Absichten des besser Informierten.


nach den durch Asymmetrische Information auftretenden Allokationsproblemen:
 

  • Adverse Selektion: Bei unterschiedlicher Qualitäts oder Risikoverteilung von Gütern bzw. von Transaktionspartnern auf Seiten der besser Informierten finden im Gleichgewicht überwiegend (ggf. sogar ausschließlich) Transaktionen von Gütern bzw. mit Transaktionspartnern von schlechterer Qualität bzw. mit höherem Risiko statt.
     
  • Moralisches Risiko (Wagnis): Abweichen von vertraglich vereinbarter Qualität der Güter bzw. der Handlungen des besser Informierten zu seinen Gunsten und zu Lasten des schlechter informierten Akteurs.


nach den Transaktionen:
 

  • Gütermärkte: Der  hinsichtlich der Produktqualität  besser informierte Anbieter verbirgt entweder die Produktqualität vor dem Verkauf oder liefert nach Vertragschluss eine geringere Qualität als zugesagt. Der Nachfrager ist der schlechter Informierte.
        
  • Versicherungsmärkte: Der  hinsichtlich seines Versicherungsrisikos  besser informierte Versicherungsnehmer verbirgt entweder sein Risiko vor Vertragschluss oder ändert sein Risikoverhalten vertragswidrig nach Vertragschluss. Die Versicherung ist die schlechter Informierte.
        
  • Arbeitsmärkte: Der  bezogen auf eigene Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft  besser informierte Arbeitnehmer (Arbeitsanbieter) verbirgt entweder seine Befähigung vor Vertragschluss oder ändert sein Arbeitsverhalten vertragswidrig nach Vertragschluss. Der Arbeitgeber (Arbeitsnachfrager) ist der schlechter Informierte.


nach den Lösungsmöglichkeiten des Problems "Asymmetrische Information":
 

  • Screeningmechanismus: Der schlechter Informierte kann asymmetrische Information abbauen bzw. deren Folgen mildern, ggf. sogar beseitigen, wenn er den besser Informierten Anreize bietet, seine verborgenen Eigenschaften oder Handlungen bzw. sonstige relevante (außerhalb ihrer Person liegende) Umstände zu offenbaren.
      
  • Signalmechanismus: Wenn aufgrund von Informationsasymmetrien Transaktionen unterbleiben, die auch die Wohlfahrt des besser Informierten steigern könnten, hat jener einen Anreiz, dem schlechter informierten Akteur Informationen bereitzustellen, die geeignet sind, seine Eigenschaften oder Handlungen zu offenbaren.


In der VWL-Fibel Marktversagen werden die verschiedenen Umstände, Folgen und (beispielhaften) Lösungsmechanismen (Screening, Signaling) des Problems "Asymmetrische Information" - jeweils bezogen auf die Märkte (Gütermarkt, Versicherungsmarkt, Arbeitsmarkt), auf denen sie zum Tragen kommen - analysiert.


Weitere Ursachen von Marktversagen sind 
 


[Auszug aus der Einleitung zum Kapitel Asymmetrische Information der VWL-Fibel Marktversagen - Ihre Lernhilfe zur Prüfungsvorbereitung an der FernUniversität Hagen!]
 

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